Bastian Schweinsteiger ist aus der Nationalelf zurückgetreten. Unerwartet kommt das nicht. Der 31-jährige hatte sich aber immerhin noch den Urlaub nach der EM mitsamt Hochzeit gegönnt, ehe er seinen Entschluss öffentlich machte:
Nach dem letzten schwierigen Jahr bei Manchester United, wo Schweinsteiger verletzungsbedingt leider insbesondere in der Rückrunde sein Können nicht häufig auf dem Platz zeigen konnte, lag ein Rücktritt nach der EM nahe. Die letzten Jahre seiner Karriere wird er alle Regeneration brauchen, um noch einmal mit voller Kraft auf dem Platz stehen zu können. Es bleibt ihm zu wünschen, dass er dabei von Verletzungen verschont bleibt.
Kein Rücktritt nach dem WM-Titel
Nach dem Halbfinal-Aus bei der EM gegen Frankreich hörte man vielerorts, Schweinsteiger hätte es doch wie Lahm machen und nach dem WM-Titelgewinn 2014 aufhören sollen. Mit 29, als Führungsfigur des FC Bayern München. Das Spieler sich gerne mit einem Titel verabschieden würden ist logisch. Das man von Spielern fordert, dass sie nach einem Titel zu gehen haben dagegen nicht. Schweinsteiger hatte den einfachen Weg raus vor sich. Niemand hätte ihn dafür verurteilt, und er wäre mit den heroischen Bildern des Finals in Erinnerung geblieben. Unter dem Auge blutend, den WM-Pokal in der Hand, Lionel Messi tröstend.
Schweinsteiger suchte aber die Herausforderung, er wollte alles gewinnen. Und man kann froh sein, dass er sich so entschieden hat. Dass er – all seiner Verletzungen zum Trotz – eine wichtige Figur für Joachim Löw und seine Mitspieler darstellt, hörte man überall heraus. Dass Jogi Löw ihn aus Leistungsgründen nicht mitnimmt, stand zurecht nicht zur Debatte. Auch ein Nationaltrainer nominiert nicht die besten 23 Spieler, sondern die beste Mannschaft – ein Fakt, der hierzulande bei den hitzigen Debatten um Nominierungen nur allzu gerne einmal vergessen wird.
Bereits große Lücken nach 2014
Durch die Rücktritte von Klose, Mertesacker und Lahm waren bereits drei Führungsspieler von Bord gegangen, die ein großes Loch hinterließen. Auch so etwas will aufgefangen werden, wenn auch Schweinsteigers sportliche Relevanz für das Nationalteam abnahm. Gerade, als sich Schweinsteiger noch einmal beweisen wollte, unterlief ihm mit dem Handspiel gegen Frankreich ein Fehler, der ihn sicherlich noch länger verfolgen dürfte.
Eine letzte große Herausforderung vs. Karriereausklang
In zehn Jahren wird das jedoch alles egal sein. An den WM-Titel 2014 wird man sich erinnern – an das Halbfinal-Aus gegen Frankreich bei einer EM nicht. Mit 120 Länderspielen hat er sich trotz aller Verletzungen bis auf Rang 4 der deutschen Rekordnationalspieler hochgekämpft (siehe Tabelle der Top 50 Nationalspieler unten). Wäre er verletzungsfrei gewesen, Lothar Matthäus hätte sich warm anziehen dürfen.
In Manchester steht Schweinsteiger nach dem Trainerwechsel unter Mourinho leider erwartungsgemäß vor dem Aus. Es wird spannend sein, ob er seine Karriere bereits jetzt in den USA ausklingen lässt, oder erneut noch einmal eine Herausforderung sucht – Paris St. Germain soll interessiert sein.
Trotz viel Getuschel über seine Verfassung in den sozialen Medien während der EM waren die Reaktionen auf seinen Rücktritt durch die Fans sinnbildlich für den Stellenwert und die Beliebtheit von Schweinsteiger. Und die ständige Kritik an seinem Spielstil ist in Deutschland eigentlich ein hinreichendes Qualitätsmerkmal von Nationalspielern, ja insbesondere Mittelfeldspielern. Doch während Michael Ballack nach einer großen Karriere tatsächlich auf der Habenseite nicht viel vorzeigbares blieb, hat Schweinsteiger seine Karriere nach dem CL-Triumph mit den Bayern durch den WM-Titel vergoldet. Das er trotz all dem seinen Körper immer weiter trieb, spricht für sich – und für Schweinsteiger.
Rang | Name | Einsätze von-bis | Anzahl Spiele | Anzahl Tore |
---|---|---|---|---|
1 | Lothar Matthäus | 1980-2000 | 150 | 23 |
2 | Lukas Podolski | 2004-2016 | 129 | 48 |
3 | Miroslav Klose | 2001-2014 | 127 | 71 |
4 | Bastian Schweinsteiger | 2004-2016 | 120 | 24 |
5 | Philipp Lahm | 2004-2014 | 113 | 5 |
6 | Jürgen Klinsmann | 1987-1998 | 108 | 47 |
7 | Joachim Streich | 1969-1984 | 105 (DDR) | 59 |
7 | Dixie Dörner | 1969-1985 | 105 (DDR) | 13 |
7 | Jürgen Kohler | 1986-1998 | 105 | 2 |
10 | Per Mertesacker | 2004-2014 | 104 | 4 |
11 | Franz Beckenbauer | 1965-1977 | 103 | 14 |
12 | Jürgen Croy | 1967-1981 | 102 (DDR) | 0 |
13 | Thomas Häßler | 1988-2000 | 101 | 11 |
14 | Ulf Kirsten | 1985-2000 | 100 (51 BRD / 49 DDR) | 34 |
15 | Michael Ballack | 1999-2010 | 98 | 42 |
16 | Berti Vogts | 1967-1978 | 96 | 1 |
17 | Karl-Heinz Rummenigge | 1976-1986 | 95 | 45 |
18 | Sepp Maier | 1966-1979 | 95 | 0 |
19 | Konrad Weise | 1970-1981 | 94 (DDR) | 2 |
20 | Rudi Völler | 1982-1994 | 90 | 47 |
21 | Andreas Brehme | 1984-1994 | 86 | 8 |
21 | Oliver Kahn | 1995-2006 | 86 | 0 |
23 | Andreas Möller | 1988-1999 | 85 | 29 |
24 | Arne Friedrich | 2002-2011 | 82 | 1 |
25 | Wolfgang Overath | 1963-1974 | 81 | 17 |
25 | Bernd Schneider | 1999-2008 | 81 | 4 |
25 | Karlheinz Förster | 1978-1986 | 81 | 2 |
28 | Mesut Özil | 2009-2016 | 79 | 20 |
28 | Torsten Frings | 2001-2009 | 79 | 10 |
30 | Thomas Müller | 2010-2016 | 77 | 32 |
31 | Eberhard Vogel | 1962-1974 | 76 (DDR) | 27 |
31 | Bernd Bransch | 1967-1976 | 76 (DDR) | 3 |
31 | Guido Buchwald | 1984-1994 | 76 | 4 |
31 | Toni Schumacher | 1979-1986 | 76 | 0 |
35 | Matthias Sammer | 1986-1997 | 74 (51 BRD / 23 DDR) | 14 |
36 | Pierre Littbarski | 1981-1990 | 73 | 18 |
37 | Lothar Kurbjuweit | 1970-1981 | 72 (DDR) | 5 |
37 | Uwe Seeler | 1954-1970 | 72 | 43 |
37 | Christian Ziege | 1993-2004 | 72 | 9 |
37 | Hans-Peter Briegel | 1979-1986 | 72 | 4 |
41 | Martin Hoffmann | 1973-1981 | 71 (DDR) | 17 |
41 | Toni Kroos | 2010-2016 | 71 | 11 |
41 | Paul Janes | 1932-1942 | 71 | 7 |
41 | Manuel Neuer | 2009-2016 | 71 | 0 |
45 | Peter Ducke | 1960-1975 | 70 (DDR) | 16 |
45 | Oliver Bierhoff | 1996-2002 | 70 | 37 |
47 | Oliver Neuville | 1998-2008 | 69 | 10 |
47 | Manfred Kaltz | 1975-1983 | 69 | 8 |
47 | Stefan Reuter | 1987-1998 | 69 | 2 |
50 | Mario Gomez | 2007-2016 | 68 | 29 |
50 | Thomas Helmer | 1990-1998 | 68 | 5 |
50 | Gerd Kische | 1971-1980 | 68 (DDR) | 0 |
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